Neue hydrologische Grundlagen für den Kanton Thurgau
Methodik
Für die Bearbeitung wurde ein klar strukturierter Ablauf verfolgt.
Hydropunkte
Zunächst wurden die hydrologischen Berechungsknoten, die sogenannten Hydropunkte, basierend auf dem kantonalen Gewässernetz und dem aktuellsten digitalen Geländemodell (swissALTI3D) abgeleitet (Nr. 1 im Ablaufschema). Insgesamt wurden so mehr als 13’000 Hydropunkte entlang des ca. 2’100 km langen kantonalen Gewässernetzes z.B. an Brücken, Eindolungen, Zusammenflüssen von Gerinnen etc. neu positioniert. Bisher standen ca. 2’000 Hydropunkte im Kantonsgebiet zur Verfügung.
Bemessungsniederschläge
Als Bemessungsniederschläge (Nr. 2 im Ablaufschema) wurden die Extremen Punktniederschläge aus dem Hydrologischen Atlas der Schweiz HADES (2022) herangezogen. Diese wurden mittels einer flächenabhängigen Korrektur in plausible Gebietsniederschläge umgerechnet (Nr. 3 im Ablaufschema).
Abflussbeiwerte
Basierend auf der Bodenübersichtskarte des Kantons Thurgau (1:50’000) wurde eine kantonsweite Abflusstypenkarte abgeleitet und den Typen wurden verschiedene Abflussbeiwerte zugeordnet. Die Abflussbeiwerte wurden je nach Jährlichkeit zusätzlich differenziert (Nr. 4 im Ablaufschema).
Niederschlag-Abflussmodell
Die Abflussbeiwerte und die Bemessungsniederschläge wurden als Input für das konzeptionelle Niederschlag-Abflussmodell Qsim von geo7 verwendet (Nr. 5 im Ablaufschema). Das Modell bildet die Abflussentstehung über Abflussbeiwerte und die Abflusskonzentration über das Isochronenverfahren ab. Die Hochwasserdämpfende Wirkung von Stauanlagen wurde bei den Simulationen berücksichtigt (Nr. 6 im Ablaufschema).
Ergebnisse
Resultate der Niederschlag-Abflusssimulation sind Hochwasserganglinie für das HQ10, HQ30, HQ100, HQ300 (Nr. 7 im Ablaufschema). Das EHQ wurde anhand eines Faktors von 1.2 aus dem HQ300 abgeleitet (Nr. 8 im Ablaufschema). Die Ganglinien repräsentieren Brutto-Abflüsse ohne Ausuferung bzw. Verluste. Geschiebetransport und Schwemmholz wurde in diesem Projekt nicht berücksichtigt, könnten aber mit anderen Modellen von geo7 simuliert werden (siehe z.B. Komplexe Wildbachprozesse oder Geschiebeabschätzungen).
Fallbeispiele
In einem kürzlich veröffentlichten Artikel in der FAN-Agenda 2/2024 hat geo7 gemeinsam mit dem Auftraggeber vom Kanton Thurgau die neue Methodik und die Ergebnisse in Form von Fallbeispielen beschrieben. Diese Beispiele zeigen, dass mit dem Niederschlag-Abflussmodell Qsim die Extremwerte an Pegelmessstellen und dokumentierte Hochwasserereignisse gut nachgebildet werden können.
Ausblick
Die Methodik überzeugt. So haben auch der Kanton Appenzell-Innerrhoden und der Kanton Aargau die Überarbeitung ihrer hydrologischen Grundlagen mit Qsim beauftragt. Die Investition in ein flächendeckend einheitliches Modellsystem bietet den Kantonen in Zukunft die Möglichkeit, mit vergleichsweise geringem Aufwand die hydrologischen Grundlagen aktuell zu halten oder auch Hochwasserszenarien unter Berücksichtigung des Klimawandels zu rechnen.
Qsim für Ihre Anwendungsfälle
Haben auch Sie Fragestellungen im Zusammenhang mit Starkniederschlägen und Abflusssimulationen, so sprechen Sie uns gerne an. Der Einsatz von Qsim ist sowohl über grosse Flächen, wie einem ganzen Kanton, aber auch für detailliertere Studien an einzelnen Bächen möglich. Die Ergebnisse lassen sich gut mit detaillierteren 2D Überflutungssimulationen oder mit Geschiebe und Schwemmholzberechnungen ergänzen. Das Modell kann auch von uns individuell auf Ihre Anforderungen programmiertechnisch erweitert werden.