Geowissenschaften in der Praxis
16. September 2020

Fellbach: Physikalische Modellversuche für die Massnahmenplanung

Wie verändert sich das Fliessverhalten eines Murgangs beim Absturz über eine mehr als hundert Meter hohe Wasserfallkaskade? Diese Frage wurde mit physikalischen Modellversuchen untersucht und mit den Erkenntnissen zum Fliessverhalten konnten unterschiedliche Massnahmenvarianten überprüft und optimiert werden.

Herausforderungen bei der Planung von Schutzmassnahmen am Fellbach

Das Dorf Saas-Balen im Kanton Wallis befindet sich auf dem Schwemmkegel des Fellbachs und ist durch Murgänge bedroht. Zum Schutz der Siedlung sollen Massnahmen ergriffen werden. Das Einzugsgebiet des Fellbachs mit glazialen und periglazialen Prozessen im oberen und Wildbachprozessen im unteren Bereich ist äusserst dynamisch und komplex. Die Massnahmenplanung gestaltet sich jedoch zusätzlich herausfordernd, da eine mehr als hundert Meter hohe Wasserfallkaskade direkt oberhalb des Schwemmkegels grosse Unsicherheiten in Bezug auf das Fliessverhalten der Murgänge verursacht. Aus diesem Grund wurden die Fellbach-Kaskaden im Massstab 1:50 detailgetreu nachgebaut und umfangreiche physikalische Modellversuche durchgeführt.

Das Modell des Fellbachs mit dem Ausleitbauwerk am Kegelhals vor und nach dem Modellversuch (geo7, 2020).

Weitere Angaben zu den geomorphologischen Prozessen im Fellbach finden Sie im Blogeintrag Komplexe Wildbachprozesse

Modellversuche unterstützen das Prozessverständnis und die Massnahmenplanung

Beim breit angelegten Variantenstudium zu möglichen Schutzmassnahmen verursachte insbesondere die mehr als hundert Meter hohe Wasserfallkaskade direkt oberhalb des Schwemmkegels grosse Unsicherheiten bezüglich des Fliessverhaltens von Murgängen und den daraus resultierenden Einwirkungen auf die Bauwerke. Daher wurde entschieden, diesen Unsicherheiten mit physikalischen Modellversuchen auf den Grund zu gehen. Die physikalischen Modellversuche im Massstab 1:50 wurden an der HSR Hochschule für Technik Rapperswil im Auftrag der Gemeinde Saas-Balen und dem Kanton Wallis durchgeführt. Als Planer konnten wir von geo7 aus gemeinsam mit der VWI Ingenieure AG Naters die einmaligen Versuche begleiten und zusammen mit dem Team der HSR und den Vertretern von Kanton und Gemeinde die unterschiedlichen Massnahmenvarianten schrittweise optimieren. Neben der Untersuchung der Murgangprozesse an und für sich wurden insbesondere die beiden Massnahmenvarianten Umleitung und Ausleitung eingebaut und ausgiebig getestet. 

Workflow vom Drohnenbild (unten) zum physikalischen Modell im Massstab 1:50 (oben). (WEL Wasser Energie Luft, 10.09.2020)
Workflow vom Drohnenbild (unten) zum physikalischen Modell im Massstab 1:50 (oben). (Wasser Energie Luft WEL, 112. Jahrgang, 2020, Heft 3)

Die Modellversuche zeigten, dass die Wasserfallkaskade deutlichen Einfluss auf das Fliessverhalten der Murgänge und deren Fliessgeschwindigkeit und Fliesstiefe am Kegelhals des Fellbachs ausübt. Dies aber im positiven Sinne, da die Bandbreite der beobachteten Fliessgeschwindigkeiten am Kegelhals deutlich geringer ausfällt als im Bereich oberhalb der Kaskade. Bei den Massnahmenvarianten wurden insbesondere die Geometrie und Anordnung der einzelnen Massnahmenelemente und die Strassenführung optimiert. In Bezug auf die Grundöffnung der Variante Ausleitung konnten die Dimensionen und Stababstände festgelegt werden und es zeigte sich, dass vertikal eingebaute Stäbe zuverlässiger verklausen als bei einer horizontalen Anordnung. Mit den Erkenntnissen aus den physikalischen Modellversuchen können im Rahmen eines Vorprojekts die unterschiedlichen Massnahmenvarianten am Fellbach weiter ausgearbeitet und einander gegenübergestellt werden.

Eine Massnahmenvariante a) vor und b) nach einem 100-jährlichen Murgangereignis (WEL Wasser Energie Luft, 10.09.2020)
Die Variante Ausleitung vor und nach einem 100-jährlichen Murgangereignis (Wasser Energie Luft WEL, 112. Jahrgang, 2020, Heft 3)

Mehr dazu in unserem Artikel in der Fachzeitschrift Wasser Energie Luft

Die umfangreichen Versuche und Resultate sind in der Fachzeitschrift WEL Wasser Energie Luft 3/2020 publiziert und der Bericht kann auch direkt in der Rubrik "Dokumente" dieses Blogs heruntergeladen werden. Wir wünschen gute Lektüre und stehen bei Fragen gerne zur Verfügung!

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